Ausgabe 2 / 2015
Text und Fotos: Barbara Schumacher
Kostbarkeiten in Chinguetti
In Chinguetti ist Mohamed Mahmoud
der Herr über wertvolle Manuskripte und
Schatztruhen. „Besteht nicht Gefahr, dass
Diebe die kostbaren Schriften rauben?“
– „Dazu müssten sie mich erst töten“, so
Mohamed auf dem Weg durch die Altstadt
Chinguettis. Er hat überdimensionale Eisen-
schlüssel in den Weiten seines blauen, im
Wind sich bauschenden, bou bou verschwin-
den lassen, das Ende des zum Turban gebun-
denen schwarzen Schals flattert im Wind.
Am Haus und Museum von Ehel Hamoni
angekommen, tut der erste Schlüssel seine
Dienste bei der massiven Holz Eingangstür,
die in einen Innenhof mit Zisterne führt.
Gebückt betritt man komplettes Dunkel in
dem flachen Gebäude. Flackerndes Kerzen-
licht beleuchtet kurz darauf die Weite eines
Raumes mit geheimnisvollen Zeichen an
den Wänden. Wir befinden uns in einer
der ältesten Bibliotheken Mauretaniens.
In hunderten Manuskripten von unschätz-
barem Wert, manche gebun-den in Gaze-
llen- oder Ziegenleder, das älteste aus dem
13. Jahrhundert, ist das arabische Wissen
der Jahrhunderte aus Astronomie, Recht,
Medizin, Geschichte, Poesie und Religion
konserviert – dank des Bemühens weniger,
alteingesessener, traditionsbewusster
Familien.
„Hier ist eine besondere Rarität.“ Mohamed
holt ein Buch aus dem Lehmregal und blät-
tert vorsichtig in einem farbig illustrierten
Koran, einem seltenen Exemplar mit kunst-
voller Kalligraphie. „Aus der Tradition schöp-
fen wir die Kraft, hier zu bleiben, wir
begreifen es als eine göttliche Mission,
das Erbe unseres Volkes zu bewahren.“
Die Verantwortung für diese Schätze
wird seit Generationen in einer feierlichen
Zeremonie in den Dünen vom Vater dem
Sohn übertragen. Mohamed, der sich in der
Hauptstadt Nouakchott bereits eine Exis-
tenz aufgebaut hatte, ist – dem Wunsch
seiner Familie folgend – an diesen ehemals
bedeutenden Ort zurückgekehrt. „Den Mate-
rialismus in Nouakchott habe ich gern gegen
die Ehre eingetauscht, in 15. Generation
mit allen meinen Sinnen diese Schätze
verteidigen zu dürfen.
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