Ausgabe 1 / 2015
Interview: Aktham Suliman
ARAB FORUM: ARAB FORUM: Sie vertreten Ihr Land seit fast
vier Jahren in der deutschen Hauptstadt.
Haben Sie die Chance gehabt, Berlin
kennenzulernen?
Abdullah:
Jeder Botschafter muss die Stadt kennenlernen,
in der er seinem Land dient. Schon
am ersten Tag meiner Ankunft in Berlin im
Herbst 2011 fiel mir auf, dass diese Stadt
nicht nur eine wunderbare Landschaft,
sondern auch viele andere positive Aspekte
zu bieten hat, wie beispielsweise das
kulturelle Leben, die Museen, Ausstellungen
und Mauerreste. Die Bewohner dieser
Stadt sind geradezu hungrig nach Kultur,
Kunst und Theater. Hinzu kommen die
unglaublichen Shopping-Möglichkeiten in
Berlin. Diese ziehen zusätzlich Besucher an.
Ganz abgesehen von den Restaurants und
Cafés der Stadt, die eine Welt für sich sind.
Ich kenne andere europäischen Städte und
habe zeitweise in Brüssel gearbeitet. Das
ist auch eine schöne Stadt - aber Berlin ist
anders. Berlins Charakter basiert auf dem
Zusammenleben vieler Kulturen, Nationen
und Religionen auf einer sehr eigenartige
Art und Weise.
ARAB FORUM: ARAB FORUM: In diesem Jahr gedenkt man des
Endes des Zweiten Weltkrieges vor 70 Jahren.
Außerdem feiern die Deutschen 25 Jahre
Wiedervereinigung. Inwieweit interessiert sich
die arabische Diplomatie in Deutschland – Sie
sind einer ihrer Vertreter - für solche historische
Ereignisse?
Abdullah:Ich nahm vor einiger Zeit an einer Veranstaltung
zu „70 Jahren Weltkrieg“ teil, bei
der Außenminister Frank-Walter Steinmeier
eine Rede gehalten hat. Er sprach vom
neuen und offenen Deutschland, das die
meisten Deutschen wollen. Tatsächlich ist
das Deutschland von heute ein Verfechter
für Menschenrechte und ein Vorzeigeland
im Kampf gegen Unterdrückung, Rassismus
und rechtes Gedankengut. In Sachen
Wiedervereinigung kann man 25 Jahre
danach schon sagen: Sie war nicht nur
das Ende des Kalten Krieges, sondern eine
neue Etappe auf dem Weg des Friedens
und der Integration in Europa. Ich denke
dabei etwa an die EU-Erweiterung, die
einige Jahre danach folgte. Das vereinigte
Deutschland erlebte und erlebt auf allen
Ebenen eine beachtliche Entwicklung.
Sie steht als Beispiel für die Lehren, die
eine Nation aus positiven und negativen
Ereignissen der Geschichte ziehen kann.
Das alles interessiert uns selbstverständlich
als diplomatische Vertreter in diesem Land,
genauso viel wie die Verbesserung der
Beziehungen unserer beiden Länder, die auf
Respekt und Zusammenarbeit basieren.
ARAB FORUM: ARAB FORUM: Gibt es Ihrer Meinung nach
auch Lehren aus der deutschen Geschichte
für die arabischen Länder oder sind die
Konstellationen und Zusammenhänge ganz
andere?
Abdullah:Alle Völker stolpern hier und dort im Laufe
ihrer Geschichte. Nicht nur wir, Araber,
lernen von anderen. Alle Zivilisationen
lernen voneinander. Die Erforschung von
internationalen Konflikten ist generell wichtig
für die Friedensansätze der Zukunft.
Die deutsche Geschichte ist freilich reich
an Lehren und Ereignissen. Wenn wir den
Gründen eines Krieges wie dem Zweiten
Weltkrieg nachgehen, könnten wir als
Länder und als Völker das Entflammen
eines solchen zerstörerischen Krieges in der
Zukunft vermeiden. Wir leiden vielerorts
in der Arabischen Welt unter fanatischen
Ansichten. Diese müssten gegenseitigem
Respekt weichen. Deutschland hat gelernt
und verstanden, dass das Zeitalter der Kriege
und Aggressionen vorbei ist. Es hat sich auf
Wiederaufbau, wirtschaftliche Entwicklung
und wissenschaftlichen Fortschritt konzentriert.
Schauen wir auf das zerstörte
Deutschland nach dem Krieg und auf das
Land 70 Jahre später. Deutschland ist heute
das wichtigste Land Europas. Europa ohne
Deutschland, das überall für Menschen-,
Bürgerrechte und Demokratie eintritt, ist
nicht vorstellbar. All das müssen wir uns
ständig vor Augen führen.
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