Ausgabe 2 / 2014
Interview: Aktham Suliman
Foto: Paul Kruth
ARAB FORUM: Der Sudan wurde früher
als der Nahrungstank der arabischen Welt
bezeichnet. Welche wirtschaftliche Stelle
bezieht er heute?
Dafalla:
Sudan ist voller Möglichkeiten
mit seinen großen und vielfältigen Naturressourcen.
Er ist theoretisch in der Lage,
der Brotkorb für die arabische Welt,
Afrika und die Welt, zu werden. Sudan
rangiert flächenmäßig auf dem elften
Platz nach Ländern wie Kanada und Australien
und hat fruchtbaren Boden und
Wasserressourcen.
In der Vergangenheit
gab es einige ehrgeizige arabische Projekte
für den Sudan, die aber aufgrund
der Schwankungen in der arabischen
Politik leider nicht ernsthaft verfolgt
wurden. Heute gibt es eine Erneuerung
der Verpflichtungen, und der vorletzte
Arabische Gipfel thematisierte die Frage
der Nahrungssicherheit in der Arabischen
Welt. Der Sudan seinerseits präsentierte
einen ehrgeizigen Plan und beschloss neue
Richtlinien, um ausländische Investitionen
im Land zu erleichtern. Arabische Länder
wie Saudi Arabien, Katar und Kuwait
fingen an, in die landwirtschaftlichen
Gebieten im Sudan zu investieren, etwa
in der Produktion von Weizen, Obst und
Gemüse, aber vor allem in den nördlichen
Regionen an der Grenze zu Ägypten. Es gibt
ermutigende Anzeichen für Anfangserfolge
in dieser Richtung. Der politische Wille ist
Heute vorhanden und wir wünschen uns,
dass die momentane Entschlossenheit
weiter besteht. Sudan führte in der
letzten Zeit ausländisches Know-how
ein, in seinem Bestreben bis 2019 einen
Fünf-Jahres-Plan umzusetzen, damit im
Erfolgsfall 60 % des Nahrungsmittelbedarfs
der arabischen Welt gesichert werden
kann. Die Regierung in Khartum beseitigt
derzeit die bürokratischen Hindernisse
und bietet Erleichterungen im Bereich
der Steuern und Visa-Bestimmungen für
ausländische Investoren. Sudan öffnete
sich nach den westlichen Wirtschaftssanktionen
der vergangenen Jahre neuen
Wirtschaftspartnern in Ost-Asien, wie
China, Pakistan und Indien. Wir haben
ein bilaterales Abkommen mit China im
Bereich der Öl- und petrochemischen
Industrie. Sudan bleibt aber vor allem
ein Agrarland, das die Erdöleinnahmen
dafür verwenden möchte, die Produktion
im landwirtschaftlichen Bereich zu revolutionieren.
Unsere Partnerschaft mit
China ist stark und beinhaltet Darlehen
von mehr als drei Milliarden US-Dollar.
Diese Partnerschaft wird, neben der
Konzentration auf die Landwirtschaft und
die arabische Nahrungssicherheit, Sudan
ermöglichen
seine frühere Stellung wieder
einzunehmen.
ARAB FORUM: Wie bewerten Sie die
Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland, in
Gegenwart einer Politik des Boykotts gegenüber
dem Sudan u. a. im Bereich der Banken
und des Luftverkehrs?
Dafalla: Die Zusammenarbeit mit Deutsch-
land
hat eine lange Tradition, deswegen
scheuen wir keine Anstrengungen
in
dieser Hinsicht. Aber ab 1985 wurde
die sudanesisch-deutsche Wirtschaftspartnerschaft
eingefroren. Die deutsche
Entwicklungshilfe für den Sudan wurde
dann im Jahre 1992 eingestellt.
Lassen Sie mich trotzdem sagen, dass
die deutsche Seite in den letzten drei
Jahren die Bedeutung des Sudan wieder
allmählich zu spüren bekam. So öffnete
die GTZ, Gesellschaft für technische Zusammenarbeit,
letztes Jahr ihren Sitz in
Sudan wieder. Auf der politischen Ebene
besteht der Wunsch zur Öffnung, aber
wir wissen um die Schwierigkeiten, mit
denen ein wichtiges europäisches Land
wie Deutschland konfrontiert ist. Sudan-
Hilfe wurde wegen seiner Weigerung das
Abkommen von Tokono zu unterschreiben,
eingefroren. Das sudanesische Parlament
hat Vorbehalte gegen dieses Abkommen,
weil es als Eingriff in die kulturellen
Besonderheiten des Landes betrachtet
wird. Doch das alles hindert mich nicht
daran, unsere Wertschätzung für die
Haltung Deutschlands in unserer Region
und darüber hinaus zu erwähnen. Die
deutsche Haltung beruht auf einer
positiven Neutralität zwischen Nord
und Süd und unterstützt weiterhin
die afrikanische Union. Das lässt viele
Menschen die Rolle der Deutschen positiv
bewerten. Der Sudan hat vor ein paar
Monaten eine Delegation von 22 deutschen
Unternehmen empfangen, diese ist die
dritte in sechs Jahren. Derzeit gibt es etwa
70 deutsche Unternehmen, die in Sudan
aktiv sind, insbesondere im Bereich der
Engineering und Consulting. Wir streben
nach mehr, nach einer Echten wirtschaftlichen
Partnerschaft mit Deutschland.
Das betone ich insbesondere, weil
Deutschland in der letzten Zeit eine neue
Strategie für Afrika, basierend auf das seit
2011 wachsende Interesse, ankündigte
und Budgets, um seine Visionen zu realisieren,
zusammenstellte. Denn es gibt
viele Projekte, vor allem im Bereich der
Weiterbildung der Landwirte und der
Einführung der Mechanisierung und Technologie
auf dem Schwarze Kontinent.
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