Republik Dschibuti
Impressionen aus Wirtschaft, Kultur und Tourismus
Das Salz der Erde
Das kleine Land befindet sich an strategisch wichtiger Stelle, an der internationale Interessen aufeinander prallen, sozusagen im Fadenkreuz der Mächte. Land und Leute sind zwar französisch geprägt, erlebten italienischen und britischen Einfluss, aber die Menschen im Land haben deutsche Sehnsüchte.
Ausgabe 1 / 2013
36 Jahre Unabhängigkeit für Issa, Afar und Araber
Viele Menschen in Dschibuti erinnern sich an den Unabhängigkeitstag, den 27. Juni 1977, an dem die 120-jährige Kolonialgeschichte beendet wurde. An diesem Nationalfeiertag kommt die Nationale Folkloregruppe in ihren prächtigen Kostümen nicht zur Ruhe, wenn sie zu arabischer Musik die traditionellen Tänze Wilwize, Hora, Bakimao und Sadexley vorführt. Die Bevölkerung von Dschibuti besteht aus verschiedenen ethnischen Gruppen: etwa 60 Prozent Somali – meist vom Stamm der Issa, 30 Prozent Araber und zehn Prozent Afar, die nahe der Grenze zu Äthiopien leben. Die typischen kleinen Rundhütten der Nomadenstämme von Issa und Afar heißen „Tukul“. Die Kultur des Landes ist islamisch geprägt und enthält afrikanische, arabische und europäische Elemente. Offizielle Sprachen sind Französisch und Arabisch. Die Franzosen haben dem Land Stabilität gebracht, die Feinde von gestern betrachtet man als die Freunde von heute. Die Kontakte mit Frankreich sind zwar enger, aber zu Deutschland pflegt Dschibuti ebenfalls sehr gute Beziehungen. Die Lage in Dschibuti ist stabil, die Terrorbekämpfung wird groß geschrieben. Franzosen, Amerikaner und Deutsche sind mit Schiffen vor Ort im Einsatz gegen somalische Piraten und nutzen den sicheren Hafen von Dschibuti. Die Deutschen sind beliebt und allenthalben ist zu hören: „Sie helfen uns dabei, eine kleine Brücke zum Frieden zu bauen“.
Handelskammer älter als die Republik
Dschibuti hat es geschickt verstanden, sich aus den Kriegen der Nachbarstaaten Eritrea, Äthiopien und Somalia herauszuhalten. Die modernsten Einrichtungen des Landes sind Flug- und Seehafen der gleichnamigen Hauptstadt, beide werden von DP World aus Dubai gemanagt, was man als positive Zukunftsaussichten deuten kann. DP World baute in Dschibuti den Containerhafen. Handel war hier schon immer wichtig, als Indiz kann man die Tatsache ansehen, dass die Handelskammer älter ist als die Republik. Derzeit erfährt die Wirtschaft positive Impulse durch ausländische Investoren, die von der National Investment Promotion Agency (NIPA) auf der Basis eines „Investmentcode“ umworben werden und in die Bereiche Viehzucht, Fischerei, Tourismus, Bank- und Versicherungswesen, Transport, Telekommunikation, Wohnungsbau und erneuerbare Energien investieren sollen. Wer in Dschibuti investiert, kann mit zehn Jahren Steuerfreiheit rechnen. Geschäftsleute brauchen auf den gewohnten Luxus nicht zu verzichten: in Dschibuti-Stadt gibt es das Djibouti Palace Kempinski Hotel, das Besuche von Fischereihafen mit Dhaus sowie des Aquariums mit Eindrücken der Unterwasserwelt des Roten Meers organisiert, ebenso wie Bootsauflüge zu einigen Inseln.
Derzeit konzentriert man sich auf den Ausbau des Bankensektors. Dschibuti wurde schon als zukünftige „Schweiz Afrikas“ bezeichnet. Das könnte das Land schaffen, wenn mehr Geld in die Bildung der Bevölkerung gesteckt würde. Vor zwei Jahren hatte der Präsident den Bau einer Universität, die Schaffung von Arbeitsplätzen und konkrete Hilfe für die Landbevölkerung angekündigt und versichert, dass die notwendigen Mittel dafür im Haushalt eingeplant seien. In den letzten Jahren wurde in den Straßenbau und den Bau einer Zementfabrik investiert. Straßen, See- und Flughafen sind jedenfalls eine gute Basis, erst einmal ein Verkehrsknotenpunkt zu werden und damit die Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen. Dschibuti hat keine Industrie, derzeit im Land befindliche Wirtschaftszweige sind neben dem Bankwesen das Transportwesen und die Land- bzw. Viehwirtschaft, in der Obst und Gemüse, Ziegen, Schafe und Kamele überwiegen. Es gibt kleine Unternehmen für die Herstellung von Textilien, Möbeln, Milchprodukten, Getränken und Nahrungsmitteln sowie Mineralwasserabfüllanlagen.
Entwicklungspotenzial für Tourismus
Touristen kommen bisher eher selten nach Dschibuti. Wer denkt, das Land mit seinen knapp einer Million Einwohnern bestehe nur aus Wüste, irrt: Die Wüste herrscht zwar vor, aber es gibt schneeweiße, unberührte Strände, malerische Landschaften mit bizarren Felsformationen, zwei hohe Berge, den Moussa Ali (2021 Meter) an der Grenze zu Eritrea und Äthiopien und Mt. Gondah (1783 Meter). Drei Flüsse durchziehen das Land (mit 22.000 Quadratkilometern etwa so groß wie Hessen), und es gibt zwei große Seen, den Assalsee, der den tiefsten Punkt Afrikas mit 157 Metern unter dem Meeresspiegel darstellt, wo heute noch bei mörderischen Temperaturen von über 50 Grad Celsius und großer Luftfeuchtigkeit Salz gewonnen wird, und den Abbesee an der Grenze zu Äthiopien, der bei Vogelfreunden wegen der Flamingos und der Pelikane beliebt ist.
Auch Taucher kommen auf ihre Kosten. Das Land ist in sechs Regionen aufgeteilt: Ali Sabih, Arta, Dikhil, Tadjoura, Obock und Dschibuti-Stadt, wo allein etwa die Hälfte aller Landesbewohner leben. Eine Insel liegt im Golf von Tadjoura: Vielleicht ist Moucha ein zukünftiges Touristenziel, wenn die 314 Kilometer lange Küste in ferner Zukunft nicht mehr ausreichen sollte. Die reiche Kultur des Landes sorgt dafür, dass man seine Mitbringsel aus einer großen Vielfalt von Kunsthandwerk aussuchen kann: Holzfiguren, Behälter aus Palmmaterial, Schmuck, gewebte Decken, Sisalteppiche, farbenfrohe Textilien.
Stolz auf die Entwicklung der Frauen
Die Frauen prägen das Straßenbild in Dschibuti-Stadt mit ihren bunten, „voile“ genannten, bodenlangen, fließenden Gewändern. Die Gesichter sind frei. „Frauen haben in Dschibuti durchaus etwas zu sagen, vor allem wenn sie aus liberalen Mittelklassefamilien stammen“, so Assia und Ilham, die in der Hauptstadt leben und dort im Nationalen Tourismusbüro arbeiten. „Ich wurde schon als Mädchen ermutigt, meine Meinung zu sagen, in der Familie auftauchende Probleme wurden ausdiskutiert. Ein wichtiges Anliegen ist es, den Armen zu helfen – nicht nur mit Essen, sondern auch mit Bildung“, so Assia. Auf die Beschneidung von Mädchen angesprochen meint Ilham: „Wir haben ein Gesetz dagegen. Meine Eltern waren stets gegen die Beschneidung, haben sie als kriminell eingestuft und nicht als traditionelle Handlung mit kulturellem Hintergrund“. Und was meinen sie zur Situation der Frauen im Land? „Ich bin stolz auf die Entwicklung meines Landes im Hinblick auf die Frauen. Nach der Unabhängigkeit 1977 hat der damalige Präsident Hassan Gouled Aptidon die Frauen überhaupt nicht unterstützt. Seit der amtierende Präsident Ismail Omar Guelleh am 7. April 1999 die Macht übernommen hat, hat sich dies grundlegend geändert“, so Assia und Ilham ergänzt: „Wir haben mehrere weibliche Abgeordnete im Parlament, und es gibt zwei Staatssekretärinnen in zwei Ministerien. Man kann sagen, dass die Frauen in Dschibuti mehr Anerkennung finden als in anderen islamischen Ländern, wegen der herrschenden Armut gibt es allerdings Probleme bei der Familienplanung, Es gibt Frauen in Führungspositionen. Wir haben eine Präsidentin beim höchsten Gericht: Khadija Abeba Moukrea“.
Text und Fotos: Barbara Schumacher