Interview: JORDANIEN
"Deutschland ist einer der wichtigsten Partner"
Die engen Beziehungen zwischen Jordanien und Deutschland werden nicht zuletzt
unterstrichen durch das 50-jährige Bestehen der sehr aktiven Deutsch- Jordanischen Gesellschaft.
Im Gespräch mit ARAB FORUM würdigt S. E. Dr. Mazen Tal, Botschafter des haschemitischen
Königreichs Jordanien, deren Arbeit, die gute Qualität und das Potenzial der
bilateralen Beziehungen sowie die Rolle seines Landes im Nahostfriedensprozess.
Ausgabe 3 / 2013
Interview: Rainer Schubert
Fotos: Paul Kruth
ARAB FORUM: Exzellenz, in diesem Jahr
feiert die Deutsch-Jordanische Gesellschaft
ihren 50. Geburtstag und kann dabei auf
erfolgreiche und fruchtbare Beziehungen
zwischen den Zivilgesellschaften beider
Länder zurückblicken. Kann man in gleicher
Weise die politischen und wirtschaftlichen
Beziehungen beider Länder betrachten?
Dr. Tal: Deutschland genießt seit Langem
enge und freundliche Beziehungen mit
Jordanien, es ist einer der wichtigsten
Partner über den politischen Schauplatz
hinaus. Beide Länder kooperieren erfolgreich
auch in der Entwicklungspolitik ebenso
wie in der Wirtschaft und der Kultur.
Die zahlreichen Jordanien-Besuche deutscher
Politiker und die Reisen jordanischer
Politiker nach Deutschland belegen diese
engen Beziehungen. S. M. König Abdullah
II. besuchte Berlin Ende 2011 und führte
Gespräche mit Bundeskanzlerin Angela
Merkel, Bundestagspräsident Norbert
Lammert und Bundesaußenminister Guido
Westerwelle.
Die Entwicklungszusammenarbeit spielt
eine wesentliche Rolle in den deutsch-jordanischen Beziehungen. Deutschland
gehört zu den größten Gebern, neben
den USA, Japan und der Europäischen
Kommission.
Vier der deutschen politischen Stiftungen
unterhalten eigene Büros in Jordanien:
die Friedrich-Ebert-Stiftung, die Friedrich-
Naumann-Stiftung, die Konrad-Adenauer-
Stiftung und die Hanns-Seidel-Stiftung.
Wenn wir über die Tiefe und Solidität
der deutsch-jordanischen Beziehungen
sprechen und dabei auf die letzten
fünfzig Jahre zurückblicken, muss
die Rolle der Deutsch-Jordanischen
Gesellschaft erwähnt werden. Sie ist ein
Forum und ein paralleler Weg, auf dem
sie harte Arbeit leistet und viel Positives
zur Konsolidierung der Beziehungen
beiträgt. Sie hat ein gutes Netzwerk und
ist durch Initiativen und Programmen
in den Zivilgesellschaften im kulturellen
Austausch, der ar chäo lo gischen Zusammenarbeit
und dem Ju gend austausch
tätig. Sie organisiert regel mäßig Reisen
nach und aus Jordanien. Wir schätzen sehr,
wie die Deutsch-Jordanische Gesellschaft
aktiv und positiv die Beziehungen durch
Einsatz, Hingabe und mit ihrer Erfahrung
festigt.
Besonders in diesen gegenwärtig bewegten
Zeiten müssen wir alles bis jetzt
Erreichte im Gedächtnis halten und gut
nutzen, um weiterhin zu einer noch
friedlicheren Zukunft für Alle beizutragen.
ARAB FORUM: Auf welchen Gebieten sollten
die Beziehungen, politisch wie wirtschaftlich,
noch weiter gefestigt werden?
Dr. Tal:Es gibt gute Investitionsmöglichkeiten
für deutsche Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien und
Dienstleistungen, im Gesundheitswesen
und im Tourismus. German Water
Partnership hat Jordanien als eines
ihrer Schwerpunktländer ausgesucht.
Das Volumen direkter Investitionen in
beide Richtungen verharrt dennoch auf
bescheidenem Niveau.
Seit August 2010 ist ein Investitionsschutz- und
Förderabkommen zwischen Deutschland
und Jordanien in Kraft.
Jordanien versucht Folgendes zu erreichen:
• Die Investitionen und den Erfahrungsaustausch
zu erhöhen, besonders im Bereich der erneuerbaren Energien;
• Fundierte Berufsaus- und -Weiterbildung
müssen integraler Bestandteil einer
lang fristigen Wirtschaftsentwicklung
sein durch die Verstärkung betriebs interner
und praxisorientierter Berufsausbildungsmodelle,
die auf dem deutschen Modell fußen. Zu erfolgreichen Bildungs -
partnerschaften besteht verbreiteter
Konsens, dass das deutsche duale System
eine wichtige Orientierung bietet, wie man
effektiv die Jugendarbeitsarbeitslosigkeit
bekämpft;
• Ausweitung der Unterstützung und
Zusammenarbeit mit Jordanien in Entwicklungsprojekten im Umfang wie
in der Bandbreite, unter der Vorgabe,
dass die gegenwärtigen deutsch-
jordanischen Projekte sich prinzipiell
auf das Wasserthema konzentrieren.
Jordanien sieht dort weitere nützliche
Kooperationsfelder.
ARAB FORUM: Die deutsch-jordanische
Zusammenarbeit im Bildungssektor gilt als
Erfolgsgeschichte. Woran liegt das?
Dr. Tal:Jordanien besitzt keine natürlichen
Ressourcen, weshalb wir uns auf die
Menschen fokussieren. Jordanien legt
großen Wert auf Bildung und Hochschulen,
um bestens ausgerüstete Absolventen mit
großer Kompetenz heranzubilden.
Innerhalb dieses Rahmens hat Jordanien
nach einem der besten Bildungssysteme
als Vorbild gesucht, und zwar Deutschland,
um Wissen und Erfahrung nach Jordanien
zu bringen. Um die Vorteile dieser Bildung
zu ernten, wurde 2005 in Mushaqar
die German-Jordanian University (GJU)
eröffnet.
Die GJU ist dem Vorbild deutscher
Fachhochschulen nachgebildet, die den
Schwerpunkt im praktischen Wissen und
der Förderung der Wissensvermittlung
setzten. Weil sie die Vorteile bester
Bildungspraxis in Jordanien und Deutschland
nutzt, hat sich die Universität als
führend etabliert. Die GJU betrachtet
Forschung und forschungsgeleitete Lehre
als die Hauptverantwortlichkeiten
ihres akademischen Personals und legt
Wert auf Förderung, Publizierung und
Verbreitung der Forschung auf höchstem
internationalem Standard.
Auftrag, Ziele und Strategie spiegeln die
starke Betonung der Qualitätsforschung
und liefern die Chance lebenslangen
Lernens für viele Menschen, woraus
erhebliche Vorteil für Partnerschaften mit
privaten Unternehmen und Behörden in
der Region zu ziehen sind.
Die Universität soll als einzigartige
Hochschule praxisbezogenem Studieren,
experimentellem Lernen und
professioneller Spitzenleistung dienen,
die sich am Markt und am
industriellen Nutzen orientiert. Daraus
erwächst die Erwartung, dass sie einen
außerordentlichen Einfluss auf Jordanien
und die Region insgesamt haben wird,
indem sie bewährte Methoden und die
Kompetenz in der Hochschulbildung
beider Länder nutzt. Ziel der Universität
ist, bestens ausgebildete Absolventen
mit dem erforderlichen Wissen für die
Industrie auszubilden und vorteilhaft
zur sozio-ökonomischen Entwicklung
beizutragen. Damit soll sie im heutigen
harten Wettbewerb der technologisch
aus gerichteten Welt bestehen und die
industrielle und wirtschaftliche Stellung
Jordaniens und der Region ankurbeln.
Lesen Sie das komplette Interview in ARAB FORUM 3/2013