Interview:
Botschafter Saudi-Arabiens, S. E. Prof. Dr. med. Ossama bin Abdul Majed Shobokshi
"Wir strecken unsere Arme Richtung Deutschland aus"
Mit der Ausstellung "Roads of Arabia" betrat das Königreich Saudi-Arabien Neuland. Erstmals zeigte es seine Archäologie- und Kunstschätze im Ausland. Einzige Station in Deutschland war für gut zwei Monate Berlin. An ihrem Zustandekommen war auch der Botschafter Saudi-Arabiens in Deutschland, S. E. Prof. Dr. med. Ossama bin Abdul Majed Shobokshi, nicht unmaßgeblich beteiligt. Mit ihm sprach ARAB FORUM über die Realisierung der Ausstellung, ihre Wirkung auf das Saudi-Arabien-Bild in Deutschland und im Königreich selbst.
Ausgabe 1 / 2012
Interview: Rainer Schubert
Fotos: Simon Harik
ARAB FORUM: Exzellenz, die Ausstellung Roads of Arabia wurde als Sensation und einzigartig bezeichnet. Wie fühlen Sie sich bei diesem Lob?
Prof. Dr. Shobokshi: Ich fühle mich dadurch bestätigt, dass die Ausstellung überhaupt stattgefunden hat und dass Saudi-Arabien von einer anderen Perspektive gesehen wird, indem wir die Kultur unseres Landes und die archäologischen Funde aus 6000 Jahren vorgestellt haben. Wir glauben, dass es eine gute Entscheidung war, dass S.M. die Erlaubnis gegeben hat, die Ausstellung in Berlin zum ersten Mal in Deutschland zu zeigen. Wie Sie wissen, waren die Funde zuvor in der Eremitage in Sankt Petersburg in Russland ausgestellt. Nachdem ich sie dort gesehen habe, fand ich es sehr wichtig, dass sie nach Deutschland kommen. Gnädigerweise hat der König das akzeptiert, und so sind sie hierher gekommen und gehen von hier aus weiter in die USA. Der Zuspruch der Besucher war wesentlich größer als erwartet. Zur Eröffnungsveranstaltung hatten wir mit 400 bis 500 Gästen gerechnet, es kamen 1270. Der Andrang der Besucher war zwei Mal größer als erwartet, sie stammten aus allen Schichten
ARAB FORUM: Wie groß ist der Anteil der saudischen Botschaft in Berlin und Ihr persönlicher Anteil am Zustandekommen der Ausstellung?
Prof. Dr. Shobokshi: Alles war Teamwork, an dem der Regierende Bürgermeister und die Senatskanzlei, der Bundesaußenminister, die Deutsch-Arabische Freundschaftsgesellschaft, das Deutsche Archäologische Institut mit dem Leiter der Orientabteilung, Herrn Dr. Eichmann, und vor allem das Museum für Islamische Kunst unter Herrn Dr. Weber mitgewirkt haben.
ARAB FORUM: Hervorgehoben wurde in den öffentlichen Reden die Unterstützung des Landes Berlin und besonders die des Regierenden Bürgermeisters aufgrund seines Besuchs in Riad im Jahr 2011. Hat dieser Besuch das Tempo beim Zustandekommen beschleunigt?
Prof. Dr. Shobokshi: Herr Klaus Wowereit hat intensiv daran gearbeitet, die Beziehungen zur arabischen Welt zu verbessern. Der Besuch von S.K.H. Prinz Salman bin Abdulaziz in Berlin hat sehr viel geholfen, ebenso der Besuch von Klaus Wowereit in Saudi-Arabien, und als wir davon gesprochen haben, dass wir diese Ausstellung in Berlin zeigen wollen, war er sehr engagiert und hat seinen ganzen Stab dafür eingesetzt, um uns zu helfen.
ARAB FORUM: In der Berichterstattung über die Ausstellung gab es kritische Stimmen, die, abseits vom kulturellen Aspekt, politische Argumente anführten. Was sagen Sie zu diesen Einwänden?
Prof. Dr. Shobokshi: Ich sehe das ganz gelassen. Man kann politische Argumente mit archäologischen nicht verbinden. Sicherlich bringt das mehr Salz in die Debatte. Wir sind tolerant, wir akzeptieren andere Meinungen.
ARAB FORUM: Kann sich aus der nun begonnenen Kooperation mit dem Museum für Islamische Kunst für dieses Ausstellungsprojekt eine weitere Zusammenarbeit in der Kultur und Archäologie ergeben, auch mit Deutschland insgesamt?
Prof. Dr. Shobokshi: Wir in Saudi-Arabien strecken unsere Arme in Richtung Deutschland aus, um kulturell, wissenschaftlich und archäologisch zu kooperieren, nicht nur in Berlin, sondern in München, Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf, Köln. Wir hoffen auf weitere Kooperation zwischen den Museen in Berlin und Saudi-Arabien, und wir hoffen natürlich auf Verständigung.
ARAB FORUM: Es wurde vielfach erwähnt, dass Saudi-Arabien auf der archäologischen Landkarte ein weißer Fleck gewesen sei. Bedeutet die Ausstellung auch eine neue Selbstdarstellung Saudi-Arabiens, besonders da ja auch die vorislamische Zeit herausgestellt wird?
Prof. Dr. Shobokshi: Die Botschaft, die S.M. König Abdullah vermitteln will, ist, dass sich Saudi-Arabien der Welt für den religiösen, kulturellen und wissenschaftlichen Dialog mit Europa und Amerika öffnet. Er hat den kulturellen und religiösen Dialog mit dem Westen in Madrid und in New York in der UNO gesucht. Saudi-Arabien öffnet sich der Welt.
ARAB FORUM: Ebenfalls bei der Ausstellungseröffnung sprach S.K.H. Prinz Sultan bin Salman, der Präsident der Saudischen Kommission für Tourismus und Altertümer, davon, dass durch die Ausstellung die Neugier auf Saudi-Arabien geweckt wird und Kultur und Archäologie wichtige Punkte für den Tourismus des Landes seien. Wie weit möchte Saudi-Arabien durch die Präsentation seiner Kultur mehr Menschen, über den beträchtlichen Pilgertourismus hinausgehend, ins Land holen?
Prof. Dr. Shobokshi: Zurzeit haben wir in Saudi-Arabien zwölf Millionen Besucher pro Jahr plus zwei Millionen während der Pilgerfahrt. Wir öffnen uns auch für den Westen, für Nicht-Muslime, um nach Saudi-Arabien zu kommen, sei es aus wirtschaftlichen, kulturellen oder wissenschaftlichen Gründen. Bezüglich des Tourismus ist Saudi-Arabien sehr interessiert, ihn zu unterstützen. Der individuelle Tourismus beläuft sich zurzeit auf 200.000 bis 300.000 Reisende pro Jahr. Sie gehen zum Tauchen, besuchen die archäologischen Funde, unternehmen Touren in die grünen Berge sowie in die Wüste. Saudi-Arabien ist dabei, seine Infrastruktur auszuzubauen, z.B. das Verkehrsnetz, Krankenhäuser, Hotels, Universitäten.
ARAB FORUM: Sie sagten, Saudi-Arabien strecke die Arme nach Deutschland aus. Geht es dabei auch um die Kooperation mit Deutschland, wenn es um den Ausbau der Infrastruktur geht?
Prof. Dr. Shobokshi: Wir suchen die Zusammenarbeit mit Deutschland in verschiedenen Branchen. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit Deutschland gemacht. Wir vertrauen auf die Qualität der deutschen Produkte. Deutsche sind ehrliche Menschen, die ihre Arbeit sehr gut machen, und aufgrund dessen sind wir froh, wenn wir mit Deutschland kooperieren können.