Die Emirate sind eine Bildungsdrehscheibe des Mittleren Ostens geworden
Sonntag, Februar 15th, 2009
Interview mit Dr. Saeed Abdullah Salman, Präsident de Ajman Universität der Wissenschaft und Technologie Netzwerk
Bildung ist ein, wenn nicht das Zukunftsthema der arabischen Länder. Zum einen ist die Mehrheit der Bevölkerung unter 25 Jahre alt, zum anderen müssen die Ölstaaten auf die Zeit vorbereitet sein, in denen die Ölquellen und die Einahmen aus ihnen versiegt sein werden. Um den Wohlstand zu halten und zu mehren, ist die Wissensgesellschaft ein Pfeiler, auf den die Zukunft gebaut wird. Über die Bildungsanstrengungen in den Vereinigten Arabischen Emiraten und die Rolle der arabischen Sprache in der zukünftigen Wissensgesellschaft sprach ARAB FORUM mit Dr. Saeed Abdullah Salman, Präsident des Ajman University of Science and Technology Network.
ARAB FORUM: Welche Absicht steckt hinter der umfangreichen Entwicklung im Bildungsbereich, die gegenwärtig in den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Arabischen Welt im Allgemeinen stattfindet?
Dr. Salman: In den letzten drei Jahrzehnten ist die Nachfrage nach Bildungsdienstleistungen in den arabischen Ländern viel schneller gewachsen als die Regierungen ihr nachkommen konnten. Das hat das Aufkommen privater Bildungseinrichtungen notwendig gemacht. Nach einem Bericht der ALESCO, der Organisation für Bildung, Kultur und Wissenschaft Arabischen Liga aus dem Jahr 2007, wird Zahl der Studenten an Arabischen Universitäten 2010 die Sechs-Millionen- Grenze überschreiten. Bei großer Nachfrage und einer anwachsenden jungen Bevölkerung betragen die Bildungsetats der Staaten des Golf-Kooperationsrates (GCC) jetzt über 35 Mrd. US-Dollar. In der rasant wachsenden Wirtschaft der Vereinigten Arabischen Emirate gibt es 58 lizenzierte und 60 nicht lizenzierte Einrichtungen der höheren Bildung und mehr als 20 internationale Universitäten in Dubai Knowledge Village.
Im Bewusstsein der Bedeutung, die der Bildung für das Wirtschaftswachstum zukommt, haben die VAE den Bildungsbereich gefördert und reguliert, mit dem Ziel, ihn mit Wirtschaft und Industrie zu verknüpfen, um ihnen hoch qualifizierte Absolventen zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus sind die Emirate in kurzer Zeit eine Bildungsdrehscheibe des Mittleren Ostens geworden. Langfristig fußt die Entwicklung der VAE auf einer wissensbasierten Gesellschaft.
Die Regierung Dubais hat kürzlich die Mohammad Bin Rashid Al Maktoum Stiftung gegründet, die mit beträchtlichen Finanzmitteln ausgestattet ist. Weitere Initiativen in Abu Dhabi, Katar und Saudi-Arabien werden in der Zukunft gewiss die höhere Bildung fördern. In diesem positiven Umfeld wird die Ajman University of Science and Technology (AUSTN) darauf setzen, ihr Image und ihre Position im Markt der höheren Bildung nicht nur in den VAE, sondern in der gesamten arabischen Region zu stärken.
ARAB FORUM: Was sind die Ziele und Leistungsanforderungen von AUSTN?
Dr. Salman: AUSTN wendet eine dreidimensionale Vision an, die übergreifend auf Bildung, Information und Investment basiert. Wir feiern jetzt 21 Jahre Lehre, Übung, Forschung, Kompetenz und Praxis, die fünf fundamentalen Anforderungen an unsere Fakultätsmitglieder.
Im vergangenen Jahr haben wir ein Reform- und Entwicklungsprojekt auf den Weg gebracht, mit dem wir unsere Fakultätsmitglieder und Mitarbeiter in die Lage versetzen wollen, sich in ihrem Wissen und technologiebasierten Fähigkeiten auf den neuesten Stand zu bringen. Regelmäßig laden wir internationale Experten ein, unsere Programme zu unterstützen, unsere Erfolge und Lehrmethoden zu evaluieren, um sicherzustellen, dass sie internationalen Standards genügen. Wir wollen AUSTN als supermoderne Universität in einem innovativen Umfeld und einem offenen System etablieren, die jedem ermöglicht, zu Entwicklung und Fortschritt von AUSTN und den VAE beizutragen. Wir haben das Ziel, unsere Verbindungen zu einigen Eliteinstitutionen Europas und Amerikas zu festigen. Wir glauben, dass die Einbindung von Fachleuten und Think Tanks unsere Erfahrungen bereichert und sicher stellt, dass unsere Bildungsleistungen weltweite Standards erreichen. Kurzum, unsere Priorität ist, einen bedeutenden Part in der Entwicklung der VAE und der arabischen Welt zu spielen, indem wir Leistungen hoher Qualität und fähige Ex-Studenten bieten, die bereit sind, die Führung in den unterschiedlichen Positionen zu übernehmen, die sie nach ihrem Hochschulabschluss übernehmen.
ARAB FORUM: Welche deutschen Kooperationspartner bevorzugt Ihr Land in Wissenschaft und Bildung?
Dr. Salman: Die VAE und Deutschland sind Partner auf allen Gebieten – insbesondere im Gesundheitswesen. Fast unnötig zu erwähnen, dass deutsche Produkte, obwohl teuer, in den VAE hoch geschätzt werden.
Unsere Beziehungen zu Deutschland sind stark und von besonderer Qualität. Wir haben gemeinsame Projekte mit den Universitäten in Erlangen, München und Aachen. 2006 haben wir in Zusammenarbeit mit dem Karlsburg Institut ein Diabetes Behandlungszentrum gegründet. Das AUST-College of Business Administration unterhält ein gemeinsames Projekt mit der Universität Hannover über Gesundheitsmanagement.
Gegenwärtig bringen wir neue akademische Programme auf den Weg und überlegen Kooperationen auf Gebieten wie Stadtplanung, Sportreglements, Biochemie, Virologie und Umweltstudien. Wir haben Studentenaustausch- Programme und sind im Kontakt mit den deutschen Repräsentanten des DAAD, des Delegationsbüros der Deutschen Wirtschaft in Dubai und des Goethe-Instituts. 2009 wird AUSTN Gastgeber einer “Deutschen Woche” sein sowie Deutsch im Continuing Education Center unterrichten. Außerdem organisieren wir in Dubai ein Wirtschaftsforum mit deutschen Geschäftsleuten, um Karrieremöglichkeiten für unsere Absolventen zu erörtern sowie Finanzierungsmöglichkeiten und Fakultätsaustauschprogramme auszuloten. Zur Zeit tauschen wir Studenten mit einer Reihe deutscher Einrichtungen aus. Wir unterhalten Beziehungen mit Forschungszentren, z. B. kooperieren wir mit Max-Planck-Instituten über komplementäre Medizin. Außerdem verhandeln wir mit dem berühmten Fraunhofer-Institut.
ARAB FORUM: In welchen Bereichen suchen Sie hauptsächlich eine Zusammenarbeit?
Dr. Salman: Unsere Beziehungen konzentrieren sich auf unterschiedliche Forschungen dort, wo deutsche Institute weltweit für Innovation und Spitzenleistungen renommiert sind. Die deutsche Industrie ist für ihr hohes Maß an Disziplin und Strenge bekannt, und wir möchten, dass unsere Studenten diese Fähigkeiten erwerben. Im März laden wir in den Emiraten tätige deutsche Unternehmen ein, um in ihrem Berufsumfeld unseren Studenten Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Unsere Fakultätsmitglieder nehmen auch an Konferenzen in Deutschland teil.
ARAB FORUM: Was unternehmen AUSTN und andere Einrichtungen, um Umweltbewusstsein im Mittleren Osten zu schärfen?
Dr. Salman: Der erste Mastergrad wurde im Institut für Umwelt, Wasser und Energie in Grundwassertechnik und -management angeboten. Nach fünfzehn Jahren Feldstudien wurde die erste Referenzarbeit über Wasserressourcen in den VAE vom Dekan dieses Instituts im Juni 2008 veröffentlicht. Dasselbe Institut gewann als das Beste 2005 den GCC-Preis für seine Bemühungen zum Umweltschutz. Die Mitglieder des Instituts leisten ihren Beitrag zu Verbreitung des Umweltbewusstseins in kommunalen Einrichtungen nicht nur der VAE, sondern auch in anderen GCC-Ländern. Durch Organisation gemeinsamer Veranstaltungen kooperieren wir mit Forschungszentren, die sich auf Umweltthemen spezialisiert haben, und teilen mit ihnen Erfahrungen in der Energie- und -wasserressourcenforschung. Außerdem führen wir Projekte in erneuerbarer und umweltfreundlicher Energieforschung durch, zusammen mit renommierten Instituten wie der Universität von Boston in den USA.
ARAB FORUM: Die Mehrheit der Studenten in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist weiblich. Wie wird dieses Übergewicht die Gesellschaft in den Emiraten und den arabischen Ländern beeinflussen?
Dr. Salman: Die Vereinigten Arabischen Emirate stehen fest zur Verbesserung des Status der Frauen. Die Verfassung garantiert für Männer und Frauen gleiche Rechte. Frauen übernehmen einen wachsenden Anteil der Arbeitsplätze im Land, sie übernehmen Positionen von leitenden Staatsbeamten bis zu Ingenieuren und Bankern neben traditionellen Arbeiten in Lehre und Gesundheitswesen. Die Bildungsmöglichkeiten in den VAE haben Frauen die Chance eingeräumt, neben den Männern an der Entwicklung der Gesellschaft teilzuhaben. Sie übernehmen dort ihre Berufe als Beamte, Universitätsprofessoren, Lehrer, Rechtsanwälte und als Mitglieder von Polizei und Armee. Zu den erstklassigen Beispielen von Frauen, die eine bedeutende Rolle spielen, gehören I. E. Sheikha Lubna Al Qassimi, die Wirtschaftsministerin der VAE, und I. E. Mariam Al Roomi, die Ministerin für Soziales. Indem die islamische Kultur gleiche Chancen für Männer und Frauen in allen Bereichen bietet, werden wir zukünftig erleben, dass Männer und Frauen die Arbeitskraft teilen und erfolgreich sein werden.
ARAB FORUM: Wie sieht sie zukünftige Rolle der arabischen Kultur und Sprache in der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft aus?
Dr. Salman: Verschiedene Regierungsinitiativen sind gestartet worden, um das Gefühl der Zugehörigkeit zur und den Stolz auf die arabische Kultur zu fördern. Dazu gehören das ”Tarjim/translate”-Projekt, initiiert von S.H. Sheikh Mohammad Bin Rashid Al Maktoum, dass die Übersetzung von 365 Büchern pro Jahr beinhaltet, und das “Kalima”-Projekt in Abu Dhabi. Diese Projekte werden das kulturelle und intellektuelle Leben Arabiens bereichern und die Förderung des Wissens unterstützen. Darüber hinaus waren wir sehr glücklich von dem ministeriellen Dekret zu erfahren, wonach Arabisch zur offiziellen Sprache aller Korrespondenz in Regierung und privaten Organisationen erklärt wird. An der Universität haben wir eine Reihe von Projekten begonnen, mit dem Ziel, die Rolle des Arabischen wieder zu beleben, indem wir einen Kurs in arabischer Kommunikation entwickeln. Arabisch ist Unterrichtssprache in drei unser Colleges. Mit Hilfe arabischer Linguisten, Lehrer und Fachleute haben wir seit 1998 die besondere Terminologie zusammengestellt. Dazu organisieren wir Workshops und Seminare, die sich mit dem Anteil der arabischen Sprache am Dialog der Zivilisationen und Religionen beschäftigen, und wir bauen neue Kommunikationswege auf. In meiner Eigenschaft als Ehrenpräsident der Association of Arab Private Institutions for Higher Education und Präsident des EURO-ARAB Research Network habe ich immer danach gestrebt, dass die arabische Sprache ihren Part im Austausch zwischen Ost und West und im beispiellosen Informationsfluss des globalisierten Zeitalters übernimmt. Bei mehr als einer Gelegenheit habe ich außerdem die “Arabisierung” der Lehre in Naturwissenschaften und Mathematik in der arabischen Welt gefördert, denn die akademische Produktivität kann maximiert werden, wenn man die Muttersprache benutzt.
Die Fragen stellte Rainer Schubert.
Das Interview kam mit Unterstützung von Haroun Sweis zustande.
Dr. Saeed Abdullah Salman ist nicht nur Präsident des Ajman University of Science and Technology Network (AUSTN), er hält auch die Präsidentschaften der Association of Arab Private Institutions of Higher Education und des Euro-Arab Research Network inne.
Schon vor der Gründung der Vereinigen Arabischen Emirate am 2. Dezember 1971 war er als Generalsekretär des Abu Dhabi Advisory Council tätig. Mit der Staatsgründung übernahm er das Amt des Ministers für Wohnungsbau und Stadtplanung, um anschließend (1977 bis 1979) erster Botschafter seines Landes in Paris und bei der Europäischen Gemeinschaft in Brüssel zu sein. Zurück in den VAE übernahm er bis 1983 die Position des Ministers für Bildung und Jugend. Zugleich versah er das Amt des Ministers für Landwirtschaft und Fischerei und war darüber hinaus bis 1985 Mitglied des UNESCO-Exekutivrates.
Dr. Salman hat sich sehr aktiv als Initiator verschiedener Bildungseinrichtungen engagiert: neben der Gründung des Ajman College of Science and Technology wirkte er an der Etablierung der Mediterranean University of Science and Technology (MUS) in Valencia (Spanien), des Muscat College of Science and Technology (Oman) und dem Euro-Arab Research Network mit.
Was ist AUSTN?
AUSTN ist die älteste Privatuniversität der VAE. Sie weist unter allen privaten Einrichtungen höher Bildung de Emirate die größte Zahl eingeschriebener Studenten (11.051) auf. AUSTN hat zwei Hochschulen, in Ajman und Fujairah; sie sind Ziel gerichtet entstanden und mit modernsten Lehreinrichtungen ausgestattet. Ihre zehn Colleges bieten 37 lizenzierte Programme, von denen einige mehr Bewerber haben als verfügbare Plätze. 18.449 Studenten haben seit 1988 ihren Abschluss erreicht und in unterschiedlichen Bereichen Arbeit gefunden. Die Universität bietet ein ausgezeichnetes multikulturelles Umfeld mit Studenten aus mehr als 70 Nationalitäten. Obwohl die Ausstattung auf dem neuesten Stand ist, sind die Studiengebühren bezahlbar.
AUSTN bietet an ihren beiden Standorten ein offenes und innovatives Umfeld mit den neuesten Bildungs- und Kommunikationsmethoden: CCTV, e-Learning, Videokonferenzen, Smart Boards und Multimedialaboren. Sämtliche Mitarbeiter verfügen über ICDL und Englischzertifikate (TOFEL, IELTS, iBT, TOEIC). Zur Garantie der Qualität hat AUSTN eine Reihe von Experten und renommierte Einrichtungen unter Vertrag, um die Lehrkräfte auszubilden und deren Entwicklung zu bewerten. AUSTN hat Microsoft verpflichtet, um Lehrkräfte und Studenten im Gebrauch neuester Ausbildungstechniken auszubilden und unterhält eine Vereinbarung mit der Human Logic Company für E-Solutions und um eine e-Learning-Infrastruktur aufzubauen. Ziel ist, alle Lehrveranstaltungen elektronisch zu unterrichten. Außerdem arbeitet AUSTN direkt mit Martin Dougiamas, dem Gründer von Moodle, einem System, das alle Kurse vorführt.
Nach den Statistiken von 2007 des Federal National Council rangieren die VAE (nach Jordanien) Ländern in Bildungsangelegenheiten unter allen arabischen auf den zweiten Platz und auf dem ersten sowohl bei Bildungsausgaben als auch hinsichtlich der Anzahl der jungen Leute, die an Universität gehen (95 Prozent Frauen und 80 Prozent Männer).